Wie viel Aufwand steckt hinter einem guten Produktfoto? Wie hoch ist der Aufwand für die Retusche? Das kommt darauf an, inwiefern das echte Produkt vom gewünschten Aussehen auf dem späterem Foto entfernt ist. Oft nimmt die Bildbearbeitung ebenso viel Zeit in Anspruch wie das Fotoshooting. Manchmal aber mehr. So im Fall „Schaller Automation“.

Aufgabe an den Fotografen

Bei dem Produkt handelt es sich um einen Ölnebeldetektor für Schiffsmotoren. Er besteht aus einer Central Unit, an die mehrere Sensoren mittels Kabel angeschlossen werden. Es gibt verschiedenen Sensortypen und Anschlussvarianten. Ein flexibles Produkt, von dem alle Varianten fotografisch dargestellt werden sollen.

Mein Fotomodel

Mein Model ist schon mehr ‚rumgekommen als ich. Geliefert wird es montiert auf einem Messedisplay in einer massiven Holzkiste. Zahlreiche Aufkleber zeugen von Messebesuchen rund um den Globus: Asien, Südamerika, Europa. Dementsprechend ist der Zustand des Gerätes. Zwar bei weitem nicht schlecht, aber für ein perfektes Produktfoto nicht „clean“ genug. Vor allem die schwarzen Kabel haben Spuren, die nur mit größerem Aufwand zu retuschieren sind. Dazu kommt, dass an der Zentraleinheit nur 3 Sensoren angeschlossen sind, und nicht wie auf dem späteren Foto, vier. Außerdem befinden sie ich nicht an der gewünschten Position.

Eine Shooting-Strategie muss her

Entspricht das echte Produkt nicht der gewünschten Darstellung, kommt man um ein Composing, also einem aus verschiedenen Elementen zusammengesetzten Bild, nicht herum. Das ist nicht unbedingt von Nachteil. Denn bei komplexen Motiven ist es oft vorteilhaft, wenn  einzelne Motivelemente separat fotografiert und später als Gesamtbild zusammenfügt werden. Die Strategie klingt in der Theorie einfach: Die Kamera steht fest auf einem Stativ. Das Display mit dem Produkt wird für die einzelnen Bilder jeweils verschoben, so dass sie später perspektivisch zueinander passen. In der Praxis bedarf es Fingerspitzengefühl und einer genauen Vorstellung vom fertigen Motiv. Wichtig: die Lichtsetzung der Einzelbilder muss zueinander passen. Sonst hat der Betrachter später das Gefühl, „da stimmt ‚was nicht“.

Abstimmung mit dem Kunden per Handskizze

Damit der Aufwand nicht umsonst ist, stimme ich das Motiv mit dem Kunden vor dem Shooting ab. Dazu dient eine einfache Handskizze, die Perspektive und Anordnung der Produktelemente festlegt.

Post Produktion mit Capture One und Photoshop

Die Auswahl und Vorarbeit der Bilder erledige ich mit Capture One. Ausgewählte Motive werden hinsichtlich Helligkeit, Kontrast und Farbigkeit angeglichen. Anschließend beginnt das Composing in Photoshop. Das Übliche: Freistellen, Staub- und Kratzerretusche, Verunreinigungen von den Messebesuchen retuschieren, die sich durch die Grundreinigung zu Beginn nicht entfernen ließen. Die Kabel entstehen komplett neu in einem Grafikprogramm. In Photoshop gebe ich ihnen Oberlächenstruktur, so dass sie fotorealistisch erscheinen und ins gesamte Motiv passen.

Ein flexibles Produktfoto ist entstanden

Um Kosten zu sparen und den Produktionsaufwand möglichst gering zu halten, habe ich die Bestandteile des Produkts jeweils nur einmal fotografiert. Im Composing können nun Sensoren und Anschlusstypen in allen Varianten mit der Zentraleinheit frei kombiniert werden. Aus ein paar Einzelbildern werden so sämtliche Produktvarianten dargestellt.